Donnerstag, 3. März 2016

33+6 oder Geburtsbericht

Samstag, 30. Januar 2016 (33+5):
Mein Mann war zu Besuch und konnte mal ohne Reha und Arbeitsdruck länger bei mir sein. Nachmittags kamen dann noch überraschend meine Eltern vorbei und brachten eine Kuscheldecke für den Minimann mit. Mir ging es gut, außer, dass ich einen riesigen Pickel am Kinn bekam. Und mein Gesicht glühte, also ich hatte mega rote Bäckchen. Waren das schon Vorboten?
Nachdem Eltern und Mann gegangen waren, schaute ich in meinem Einzelzimmer noch bisschen TV und legte mich dann schlafen, um von meiner Entlassung nach fast zwei Wochen KHaufenthalt zu träumen.

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6): 0.30 Uhr
Ich drehte mich im Halbschlaf von der Seite auf den Rücken und merkte plötztlich, wie "ein bzw. mehrere Tropfen Pipi" in meine Unterhose gingen. Ich erschrak voll und war glockenwach. Mein Herz pochte und insgeheim wusste mein Körper wohl schon, was los war. Ich ging auf die Toilette und schaute mir den Unfall in der Unterhose an. Aber außer einer feuchten Unterhose konnte ich nichts vernehmen. Darum legte ich mich wieder ins Bett und klingelte nach der Schwester. Mein Puls war gefühlt bei 380. Ich schilderte ihr alles und sie holte einen Lackmus-Streifen, um zu testen, ob es Fruchtwasser oder Pipi war. Allerdings war der Streifen nicht lilafarben genug, was er hätte sein müssen, wäre es FW gewesen. Also redetete ich mir ein, dass der kleine Mann vielleicht doch auf die Blase gedrückt hatte und ich etwas inkontinent war.
Ich versuchte weiter zu schlafen.


Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6): 1.30 Uhr
Das gleiche Spiel nochmal: wieder beim Umdrehen ging eine kleine Ladung in die Unterhose. "Das kann doch nicht sein", dachte ich mir. Also wieder Schwester geklingelt und nochmal den Teststreifen rausgeholt. Und da war er doch schon schön lila (wobei mir der erste auch leicht lila-bläulich schon vorgekommen ist): also FW! Dann ging alles recht schnell. Sie holte eine andere Schwester, nahmen meine Kurve und transportierten mich im Bett in den Kreißsaal. Etwas erschrocken war ich über das Kinder-U-Heft, das in meiner Kurve steckte. Wieso hab ich ein U-Heft, wenn ich noch kein Baby habe?!??!?!
Dort angekommen sollte ich auf den Gynstuhl steigen, dass ich untersucht werde. Doch als ich stand, lief die ganze Soße schon. War das ein ekliges Gefühl! Keine Kontrolle darüber zu haben und immer schwallartig Flüssigkeit zu verlieren. Den Test mit dem Lackmus-Streifen sparte sich die Ärztin dann und meinte, es sei sicher FW. Sie nahm Blut für die Entzündungswerte ab und meinte, dass versucht werden würde, bis 34+0 (also noch einen Tag), aufzuhalten. Der Muttermund war bei 2cm offen (wobei er das ja schon die ganze Zeit über immer war), der Kopf tief im Becken und ich sollte für das CTG die Nacht über im KS bleiben. Also "schlief" ich die Nacht hier. Allerdings hatte ich meine tolle Schlafmaske nicht dabei gehabt und das Licht blendete so dermaßen, dass an einen geruhsamen Schlaf nicht zu denken war. Also wechselte ich von CTG (welches kaum Wehen aufzeichnete) und Toilette, da ich immer wieder FWschwälle verlor. (Ich dachte immer, die Fruchtblase platzt, dann fließt 1Liter raus und gut ist...ääähm, nein...). Da meine Entzündungswerte erhöht waren, bekam ich gleich schon in der Nacht eine Infusion mit Antibiotika angehängt.

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6): 8 Uhr
Um 8 Uhr sollte ich nochmal hoch aufs Zimmer gehen, um kräftig zu frühstücken. "Stärken Sie sich nochmal!", sagten sie zu mir. Sollte ich etwa heute noch mein Baby bekommen? Irgendwie hatte ich das alles noch nicht so auf dem Schirm.

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6):  9.40 Uhr
Wegen der erhöhten Entzündungswerte, sollte die Geburt doch nicht mehr aufgehalten werden. Im Gegenteil, zuerst hieß es, ich solle einen Wehencocktail bekommen. Da aber nicht sicher war, wie ich auf den Cocktail reagiere und wie er anschlägt, entschieden die Ärzte, dass es doch mit Tabletten eingeleitet werden sollte. Cyclotex ist ein Medikament, das die Produktion von Magensäure hemmt. Und das sollte ich nehmen, um eingeleitet zu werden. Wehen als Nebenwirkung sozusagen. Und weil das Medikament dafür in Deutschland offiziell nicht zugelassen ist, musste ich dafür sogar unterschreiben. CTG wurde auch wieder geschrieben und war wie immer unauffällig.

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6):  10.40 Uhr
Es ging los! Ich bekam die erste Cyclotex-Tablette und zwar eine Vierteltablette nur. Danach wurde wieder für eine Stunde CTG geschrieben, um alles zu überwachen. Gegen 12 Uhr durften wir dann nochmal hoch ins Zimmer, bis sich die ersten Wehen einstellen.

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6):  12.15 Uhr
Also gingen wir eine kleine Runde im Ausgangsbereich spazieren. Abschließend nahmen wir noch die Treppen vom 12. in den 13. Stock und so langsam merkte ich ein immer stärker werdendes Ziehen. Bevor wir im Zimmer ankamen, musste ich immer wieder schon stehen bleiben. Im Zimmer dann ging es wirklich schnell, so dass ich mich am leeren Bett meiner Nachbarin abstützen musste. Alle drei Minuten kamen die Wehen schon. Mein Mann informierte die Schwestern, welche uns wieder in den KS schickten. Die Geburt ging also los!

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6):  12.45 Uhr
Im KS angekommen wurde ich gleich wieder ans CTG angeschlossen. Die Wehen wurden immer stärker und mir speiübel. Ich spuckte dann auch ein paar Mal, so dass ich eine Infusion gegen die Übelkeit bekam. Ebenso wurde noch eine weitere Antibiose angehängt. Ich lag dann im Bett und die Infusion wirkte recht schnell. Allerdings war ich so dermaßen müde, dass ich in den Wehenpausen am liebsten geschlafen hätte. Aber dafür war keine Zeit, da dann die nächste kam. Und ich fror so dermaßen, dass mir mein Mann sogar eine zweite Decke brachte. Mein Mann rechnete hoch, wie viele Wehen ich in etwa noch haben werde und zählte dann immer runter. Das half ganz gut, um eine "Zeitvorstellung" zu bekommen.

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6):  ?? Uhr
Irgendwann untersuchte die Hebamme den Muttermund und dieser war schon etwa 6cm geöffnet. Ich veramtete, mein Mann zählte und so vergingen die Wehen. Die Hebamme bot mir dann an, in die Wanne zu gehen, aber ich empfand es noch als zu früh. Kurze Zeit saß ich auf dem Pezziball, aber das Bett tat mir am besten. Ob ich Lachgas wolle wurde ich auch gefragt. "Ich würde es schon mal ausprobieren", war meine Antwort. Bekommen habe ich nichts. Im Nachhinein meinte mein Mann, dass sie mich mehrmals gefragt hatten und ich es nicht eindeutig bejaht hatte. Schade, das hätte ich echt gerne mal ausprobiert!
Wieder einige Zeit später verspürte ich einen enormen Druck nach unten. "Schaaaahhaatz, ich muss pressen!!!!", stöhnte ich, so dass mein Mann die Hebammen verständigte. Ab diesem Zeitpunkt zogen wir in das Entbindungszimmer um. Der Muttermund war fast vollständig offen, so dass ich mit schieben durfte.
Es war ein wahnsinniges Gefühl zu spüren, wie unser Baby immer weiter durch den Geburtskanal kam. Ich konnte es kaum erwarten und fragte mehrmals, ob schon der Kopf zu sehen sei.
Mein Mann machte das auch alles prächtig. Er brachte mir ständig Wasser zum Trinken (brauchte nach jeder Wehe was) und einen Waschlappen und auch beim Pressen hielt er meine Hand und unterstützte mich bestens.
Was ich als unangehm empfand war, dass die Hebamme in jeder Wehenpause mit dem CTG den Herzschlag vom Minimann suchte und dabei total fest an meinem Bauch herum gedrückt hat. In dem Zusammenhang animierte mich mein Mann immer mit "Schnauf ruhig", was mich in dem Moment auch etwas nervte. Ich trieb hier Hochleistungssport und durfte nicht schnell atmen. Aber das alles nur, weil mein Puls, der eh schon immer zu schnell ist, teilweise schneller/ gleich schnell war wie der des Babys und sie nicht unterscheiden konnten, wem welcher Puls gehörte. Deswegen auch das Rumsuchen der Hebamme.
Irgendwann in einer Wehenpause muss ich auch "Und alle Frauen, die 'ne PDA haben sind Muschis!!!!!" gerufen haben. Ein weiterer Kalauer war, als im Radio, der die ganze Zeit nebenher lief, verkündet wurde, dass die deutschen Handballer Europameister sind. Alle drei (Hebamme, Hebammenschülerin und mein Mann) schwiegen und ich so: "Yeah! *Ironieoff*". Da lachten alle drei prustend los.
Naja und irgendwann meinten sie, der Kopf sei da. Obwohl ich ihn eigentlich nicht anfassen wollte, habe ich es dann doch getan. Ich spürte unser Baby!!!! Es war glitschig und warm und ein tolles Gefühl.

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6):  20.09 Uhr
Und dann war sie endlich da: die letzte, finale Presswehe. Wie viele Presswehen ich hatte kann ich nicht sagen, aber mein Mann meinte so ca. 20.
Ich habe die ganze Geburt über weder geschrieen, noch gesagt, ich will nicht mehr oder ich will sterben. Nur bei der letzten Wehe entglitt mir ein kleines Quietschen, was aber eher der Erleichterung galt.
Und dann war er da! Unser Leopold! Sie legten ihn mir gleich auf den Bauch und mein erster Satz war: "Du bist ja voll groß. Er ist ja gar nicht so klein!" (Hab grad Pipi in den Augen, was für ein Moment!)
Er lag dann da und quengelte sogar vor sich hin, worüber ich sehr froh war. Kurze, kleine, leise Ähä, ähä gab er von sich!
Nun tingelte auch der Kinderarzt ein und war erstaunt, dass wir schon "fertig" waren und er "zu spät" kam. Sie nahmen ihn mir dann wieder weg, was aber vollkommen in Ordnung war, da wir ja wollten, dass er gut versorgt wird. Zuvor schnitt Papa aber noch die recht kurze Nabelschnur durch.

Er wurde dann einen Meter neben mir direkt versorgt und bekam gleich die Atemunterstützung angeschlossen. Der Arzt hielt sich recht bedeckt, ich sah sowieso nichts, was er mit ihm machte, mein Mann stand dann kurz etwas daneben und schaute zu. Anfangs machte ich mir etwas Sorgen, weil der Arzt so gar nichts sagte, aber nach einiger Zeit meinte er, dass er soweit stabil und alles gut sei.
Bevor sie ihn in die Kinderklinik brachten, durfte ich ihn sogar nochmal auf meine Brust legen und mein Mann konnte noch ein Foto schießen. Wir waren sehr glücklich, v.a. auch zu wissen, dass es ihm gut geht.
Nebenan war übrigens auch noch eine Geburt, die nach uns in des KS gekommen sind, aber uns doch noch eingeholt hatten (war aber auch das 2. Kind).

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6):  20.40 Uhr
Nachdem unser Baby versorgt war, warteten wir auf die Plazenta. Ich dachte, dass ich da nochmal Wehen bekäme, aber dem war nicht so. Ich sollte einfach pressen, meinte die Hebamme. Das funktionierte nur nicht. Darum sollte ich mich dann auf das Kreißbett hocken und mich an ihrem Rücken festhalten und mit zweimal pressen kam dann noch die Plazente. Die Ärztin schaute sie sich mit den Hebammen und meinem Mann an (Ich hielt mir die Nierenschale vor die Augen). Allerdings fiel ihr auf, dass die Plazenta wohl etwas "fehlerhaft" war, den dadurch hätte es zu starken Blutungen kommen können. "Das will man im Vorfeld alles gar nicht wissen.", sagte sie dazu. Urgh, da hatten wir ja richtig Glück.

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6):  21 Uhr
Nun mussten wir noch routinemäßig die Zeit im KS verbringen. Aufgrund eines kleinen Dammrisses, entschied sich die Ärztin aus kosmetischen Gründen doch zu nähen, was sie dann auch tat. Nach einer kleinen Betäubung nähte sie die Wunde. Ich hatte mir das ja immer recht schlimm vorgestellt, aber es ging. Es gibt zwar schöneres, aber gut.
Danach hielt ich mit der Ärztin noch ein Pläuschchen, da sie so alt war wie ich und wir uns echt gut verstanden, so dass die Zeit schnell rum ging.
Auf einmal hieß es, wir dürfen um 22 Uhr zu unserem Baby in die Kinderklinik. Ich hatte damit überhaupt nicht gerechnet und freute mich dann umso mehr.

Sonntag, 31. Januar 2016 (33+6):  22 Uhr
Im Rollstuhl fuhr mich mein Mann in die Kinderklinik und da lag er dann: im Inkubator mit Magensonde und an jeder Hand eine Infusion. Zudem noch die Monitorkabel zur Überwachung. Nachdem der Kinderarzt im Kreißsaal meinte, dass er durchaus einige Tage im Inkubator liegen und bei der Atmung unterstützt werden müsse, waren wir um so erstaunter, als uns die Nachtschwester sagte, dass er heute Nacht um 3 Uhr schon aus dem Inkubator raus in ein Wärmebettchen kommt und auch die Atemunterstützung wegkommt. Was für ein tolles Baby.
Noch einen setzte dann die Tatsache drauf, dass ich ihn in den Arm nehmen durfte. Endlich war unser Baby bei uns!
Danach mussten wir wieder in den KS zurück, wo wir nochmal etwas Zeit verbringen mussten. Ich telefonierte mit meinen Eltern und gegen 23 Uhr kam ich dann auf mein Zimmer hoch. Mein Mann verabschiedete sich und ich konnte die 150 Whatsapp-Nachrichten lesen, denn jeder fieberte mit. Meine Nacht war sehr unruhig, ich konnte kaum schlafen, da ich einfach zu viel zu verarbeiten hatte. Die Geburt, die Schmerzen alles ging mir durch den Kopf, obwohl ich in dem Moment nicht mehr daran denken wollte.

Alles in allem war es zwar eine schmerzhafte und arbeitsintensive, aber dennoch schöne Geburt und eine wunderschöne Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte.
Was hatte ich anfangs "Angst" vor der Entbindung ohne Schmerzmittel. Aber ich habe gelernt, was mein Körper leisten kann und wurde mit dem Besten belohnt, was man sich nur vorstellen kann. Und im Nachhinein bin ich froh, keine Betäubung gehabt zu haben, weil ich sonst die Geburt bestimmt nicht so intensiv hätte wahrnehmen können, wie ich es tat.
Wir haben also alles richtig gemacht. In jeder Art und Weise!

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